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Herbst.zeit.los: Wie sich Herbstgefühle mit einer Orgel vertonen lassen

Aktualisiert: 10. Juni 2022

Von Dr. Jutta Heyen


Dominik Blum (von links), Dr. Jutta Heyen (Kulturkreis Visbek), Kulturbeauftragte Annelies Muhle, Stefan Decker und Pastor Wilfried Scheuer. Foto: Hermes

Ganz große Lyrik, ganz große Musik: Der Kulturkreis Visbek hat am Freitagabend zu einer Stunde der leichten, aber dennoch anspruchsvollen Muse in die Emmaus-Kirche Visbek eingeladen. Die Begeisterung beim Publikum war groß.


Stefan Decker war bis zu seiner Pensionierung Referent für Kirchenmusik im BMO Vechta und Regionalkantor für den Offizialatsbereich Oldenburg.

Dominik Blum ist Dozent für Theologie an der katholischen Akademie Stapelfeld.

Und diese beiden hatten es sich Freitagabend auf die Fahne geschrieben, sowohl die leichte fröhliche Seite des Herbstes wie auch die schwere Jahresendstimmung im Wechsel von Lyrik und Musik zur Sprache zu bringen und vertrauten dabei darauf, dass Text und Musik sich gegenseitig erschließen und bereichern.


In seiner Begrüßung ging Pastor Wilfried Scheuer auf den Titel des Konzertes „Herbst.zeit.los“ ein, der spontan die Assoziation mit der giftigen gleichnamigen Pflanze hervorrief. Im Gegensatz dazu versprach der Kulturkreis am Freitagabend eine Zeit zum Durchatmen und 'Entgiften'. Und so, wie die Pflanze zeitübergreifend vom Sommer bis in den Herbst blüht, so sollte auch die ungewöhnliche Begegnung von Lyrik und Orgel für die Zuhörer über die Zeit hinweg wirken.


Stefan Decker stellte sein Können an der Orgel nicht nur in eigenen freien wie auch themengebundenen Improvisationen unter Beweis (z. B. zu „Der Mond ist aufgegangen“ oder „Bleib bei uns, Herr“), sondern er spielte auch Orgelliteratur von Herbert Brewer und Jehan Alain.


Besonders schön passte ebenfalls die elegische Atmosphäre von Johann Sebastian Bachs Bearbeitung von Vivaldis Concerto op3,8 für zwei Violinen und Streicher zum Thema Herbst – das ruhige Adagio im 2. Satz versinnbildlicht die beschauliche Zeit des Herbstes, der stürmische Charakter des Allegros im 3. Satz erinnert an sturmdurchwehte Nächte.

Die Orgel bezauberte diese unterschiedlichen Herbstemotionen nach, weil sie von Decker feinsinnig und virtuos zum Leben erweckt wurde.


Dominik Blum stellte in seinen Gedichten eine Vielzahl von Aspekten dieser Jahreszeit vor:

vom „verwurmten Apfel“, über den „Septembermorgen“ bis hin zu „Winterbienen“ und dem „Ende des Sommers“.

Ob Reiner Maria Rilke mit „Herbst“, Peter Hacks „Der Herbst steht auf einer Leiter“ oder Ringelnatz mit seinem „verpufften Gewitter“, es war erstaunlich, wie unzählig viele Autoren sich mit diesem Thema und seinen unterschiedlichsten Stimmungen befassten.

Das Gedicht „Beschneiden der Apfelbäume im Winter“ von Reiner Kunze widmete der Vortragende schließlich spontan Pastor Scheuer und dessen letzter Arbeitswoche vor Beginn seiner Rente.


Und wie er es gerne beim Vortragen seiner Geschichten und Gedichte hält, so geschah es auch Freitag: Das Publikum durfte unter Blums Regie ein Gedicht auswendig lernen. Dieses Mal bestand es aus neun Worten und war pure Hoffnung und Optimismus: „Es knospt unter den Blättern; das nennen sie Herbst“ von Hilde Domin.


Der Tradition des Kulturkreises folgend plauderten die Gäste nach Konzertende bei Getränken und Häppchen über diese Stunde des leichten Herzens in den herbstlichen Abend hinein.


Fotos: Hans-Bernd Hermes


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