Zu einem Erfahrungsaustausch zur Anlage von Blühstreifen in der Gemeinde Visbek sind jetzt Vertreter des Landkreises Vechta, der Gemeinde Visbek, des Landvolks Visbek, des Hegerings Visbek und des Vereins Pro Natura sowie aus den Ortschaften Endel, Varnhorn, Rechterfeld und Hogenbögen zusammengekommen. Ziel des Gespräches, das am Mittwochabend im Visbeker Rathaus stattfand, war es, sich über bisherige Erfahrungen zur Anlage von Blühstreifen auszutauschen.
Zum Hintergrund: Der Landkreis Vechta ist Verbundpartner im Projekt „Vielfalt in Geest und Moor“, das durch das Bundesprogramm „Biologische Vielfalt“ gefördert wird. Das Projektgebiet des sogenannten „Hotspot 23“ umfasst dabei Bereiche der Landkreise Emsland, Oldenburg, Cloppenburg und Vechta, insgesamt etwa 1230 km². Es ist eines von 30 „Hotspots der Biodiversität“ in Deutschland, die sich durch eine hohe Artenvielfalt und die Bedeutung der Lebensräume für bedrohte Arten auszeichnen.
Die Gebietskulisse im Landkreis Vechta erstreckt sich über den nördlichen Bereich der Gemeinde Visbek mit ihren Bauerschaften Endel, Varnhorn und Halter/Meyerhöfen. Im Landkreis Vechta gehören zu den investiven Projekten die Entkusselung von Rieselwiesen und Sumpfflächen, die Pflege und Optimierung einer Sandheide, die Beweidung ehemaliger Sandabbaugruben sowie die Entwicklung blütenreicher Ruderalstreifen. Ein weiteres wichtiges Ziel ist die Stärkung des gesellschaftlichen Bewusstseins für die biologische Vielfalt vor der eigenen Haustür. Gezielt soll dabei auch die Kooperation verschiedener regionaler Akteure gefördert werden, sodass Naturschutzprojekte und Umweltbildungsveranstaltungen gemeinsam durchgeführt werden.
Bei dem Treffen in Visbek ging es um die Entwicklung von blütenreichen Ruderalstreifen, kurz Blühstreifen. Der Landkreis beabsichtigt, ca. fünf Hektar an Blühflächen und -streifen während des Förderzeitraums bis April 2027 anzulegen. Hierfür soll mehrjähriges Regiosaatgut zum Einsatz kommen. Durch die Anlage der Ruderalstreifen erhofft sich der Landkreis ein größeres Nahrungsangebot für die Tierwelt, Deckungsmöglichkeiten für Wildtiere, das Entstehen von Verbundkorridoren zwischen Sandgruben und dem FFH-Gebiet „Bäken der Endeler und Holzhauser Heide“ sowie die Förderung von Insekten- und Brutvögelvorkommen in der Agrarlandschaft, wie Dr. Matthias Galle ausführte. Der Klimaschutzmanager des Landkreises Vechta ist auch der Koordinator des Projektes „Vielfalt in Geest und Moor“. Er war gemeinsam mit Helmut Schlarmann, Leiter der Unteren Naturschutzbehörde des Landkreises sowie Projektleiter, und Holger Schürstedt, der beim Landkreis für den Arten- und Biotopschutz zuständig ist, bei dem Treffen.
Schlarmann betonte, dass die Ziele nur in Zusammenarbeit zwischen dem Landkreis und der Gemeinde mit ihren Akteuren aus Landwirtschaft, Jägerschaft, den Ortschaften und dem Naturschutz zu erreichen seien. Bürgermeister Gerd Meyer hob hervor, dass in den vergangenen Jahren mehrere Blühstreifen und -wiesen im Gemeindegebiet angelegt wurden und dass man sich von der Zielsetzung fünf Hektar nicht abschrecken lassen brauche.
Einige Anwesende wie Bernd Meistermann und Fabian Frilling aus der „Blühstreifengruppe“, die sich vor einigen Jahren in der Gemeinde zusammengefunden hat, berichteten von ihren Erfahrungen. Tenor: Es ist leichter, Landwirte für einjähriges Saatgut zu gewinnen, weil sie dann nicht so lange auf ihre Flächen verzichten müssen. Das betonten auch Landvolkvorsitzender Franz Nordmann und Varnhorns Bezirksvorsteher Georg Hermes, der selbst Landwirt ist.
Ein weiteres Problem, das sie bei mehrjährigen Saatgutmischungen sehen: Das Unkraut, das sich auf den Flächen verbreitet und sich schlimmstenfalls, wie etwa bei Disteln der Fall, auch auf den angrenzenden bewirtschafteten Flächen aussät. In diesem Zusammenhang war den Beteiligten auch die Pflege der mehrjährigen Blühflächen wichtig.
Trotz der Herausforderungen, die mehrjährige Blühstreifen für die Landwirtschaft mit sich bringen können, betonte der Landkreis den besonderen naturschutzfachlichen Wert mehrjähriger Blühstreifen insbesondere für regionale, spezialisierte Insektenarten. Wenn eben diese zunehmend in ihrem Bestand gefährdeten Arten in ihren Vorkommen gefördert werden sollen, sei die Anlage mehrjähriger Blühstreifen mit Regiosaatgut von besonderer Bedeutung. Mit einem angepassten Pflegemanagement dieser Flächen könnten sowohl die Belange des Naturschutzes als auch der Landwirtschaft überein gebracht werden. Schlarmann betonte in diesem Kontext auch, dass die Kombination aus einjährigen und mehrjährigen Blühstreifen im Projektgebiet einen guten Kompromiss für alle Beteiligten darstellen könnte.
Holger Schürstedt berichtete von einem Beispiel nahe der Forellenfarm in Endel, wo die mehrjährig angelegte Blühfläche des Landkreises nach der Aussaat im Mai 2020 im Frühsommer desselben Jahres geschröpft und danach sich selbst überlassen wurde. Seitdem habe sich die Fläche gut entwickelt. „Bei den Mehrjährigen muss man Geduld haben“, sagte er. Helmut Schlarmann betonte, dass die Flächenpflege ein wichtiger Hinweis sei. Auch wenn das Regiosaatgut eigentlich aus schwächer wachsenden Sorten bestehe, seien alle Erfahrungsberichte wichtig für den weiteren Prozess.
Einen Vorschlag, der bei allen Beteiligten auf viel Anklang stieß, machte Hegeringsleiter Ludger Haskamp. Es gebe viele Flächen, die von Landwirten bewirtschaftet werden, obwohl sie eigentlich Teil von Gemeinde- oder Realverbandswegen sind. Hier müssten sowohl die Gemeinde als auch die Realverbände das Gespräch mit den Landwirten suchen, da diese Flächen oder Streifen sehr gut für die Anlage von Blühwiesen geeignet seien. „Da muss man hinterher, dann bekommt man schon viel“, sagte Haskamp.
Er sprach außerdem an, dass auch der Landkreis und die Gemeinde im Besitz von Flächen seien und dass sie „mit gutem Beispiel vorangehen“ sollten bei der Anlage von Blühstreifen. Schlarmann erklärte, dass definitiv auf öffentlichen Flächen geschaut werde, was umsetzbar ist.
Endels Bezirksvorsteher Franz Zurwellen machte mehrere Vorschläge für geeignete Flächen in der Bauerschaft. Hier soll nun das Gespräch mit den Eigentümern gesucht werden.
Für das weitere Vorgehen einigten sich die Teilnehmer darauf, konkret nach geeigneten Flächen zu suchen und dann zu einem weiteren Treffen zusammenzukommen.
Comments